Tour ins ehemalige Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen



Tourkarte

Für 2004 wollte ich am ersten Tag eine Tour nach Sondershausen machen. Auf der Karte seht Ihr die Strecke. Auf ein extra Roadbook habe ich in der Beschreibung hier bei der relativ guten Karte verzichtet.

Die 210km lange Tour führt zuerst mitten durch den Wald an unserem Speiserestaunt (Zechenhaus Obere Innerste) und dem Prinzenteich vorbei. Die Waldstraße führt von der B242 auf die vierspurige B241 nach Osterode unter Umgehung von Clausthal. Wir fahren auf der B242-Hochstraße über die Dächer der Stadt Osterode hinweg immer gerade aus. Die Strecke zwischen Osterode und Bilshausen ist überraschend kurvig. Dann geht es auf kleinen Straßen im Tal der Rhume und Eller bis zur Wasserscheide Weser/Elbe bei Weißenborn/Lüderode.

Im Kreis Osterode gibt es viele Kleinstlandwirte mit winzigen Äckerchen. Die gegend um Osterode-Duderstadt hat die ungünsigste Agarstruktur Niedersachsens. Sehr viele Kleinstlandwirte. Es wurden zu lange "Realteilungen" erlaubt, also die Aufteilung der Höfe unter den männlichen Erben. Duderstadt gehörte Fürstbistum Mainz, dort wurde das länger als in weltlichen Herrschaftsgebieten geduldet. Dort wo es plötzlich große Felder gibt, war mal DDR. Die Ortsbilder haben sich 14 Jahre nach der Wiedevereinigung hier im Grenzbereich stark angeglichen. Die früher einmal bildbestimmenden kleinen Bauernhöfe werden verbaut. Die Flüßchen Bode und Wipper führen uns nach Sondershausen. Vorbei an der Burg Großlohra und der romanischen Kirche von Münchenlohra.

Nach dem Schlossbesuch in Sondershausen geht es über die Windleite und den Kyffhäuser am Südrand des Harzes entlang bis Ellrich und dann hoch in den Harz und zurück zum Haus Kraftzwerg.



Prinzenteich

Die Straße zwischen der B242 und der B241 über das Restaurant "Zechenhaus" und den Prinzenteich ist nur teilweise aus Granit (gepflastert mit dem berühmten "Harzer Grauwacke - Granit"), sonst geteert. Im Prinzenteich kann man übrigens baden (Badehose), siehe Bild. Der Parkplatz ist 100m vom Ufer entfernt und abschüssig.



Luftbild mit Ort Großlohra und Burgruine Burgruine
Münchenlohra

Wir Fahren ab Gieboldehausen fast nur auf sehr kleinen Straßen in weiten Flußtälern, siehe Bild vom Wippertal mit Burg Lohra und Orte Großlohra und Münchenlohra. Die Burgruine Lohra und die romanische Pfeilerbasilika Münchenlohra sehen wir nur von Ferne.



Schloss Sondershausen

Vor nicht allzulanger Zeit gab es ein nicht allzuweit entferntes kleines Fürstentum. Es lag verträumt südlich des Kyffhäusers-Gebirges. Das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen. Eigentlich waren es dreieinhalb, denn durch Zellteilungen zerfiel es machmal, z.B. in: Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-Arnstadt, Schwarzburg-Leutenberg und Schwarzburg-Rudolstadt. Man konnte die Territorien kaum auseinanderhalten, da jeder überall ein paar Stückchen besaß und die Stückchen samt Leuten fleißig verschachert wurden.

Im Jahr 2001 waren wir schon in den geschändeten Ruinen des Jagdschloss dieser Fürsten auf dem Kyffhäuser (Link: Schloß Rathsfeld), auch im Jagdschloß Possen und am Schloß Sondershausend sind wir auf unseren Touren schon mal vorbeigfahren. Dieses Jahr möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Residenz der Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen lenken, und das Schloss Sondershausen besichtigen.

Das Schloss im Internet:
Schloß Sondershausen
Gastronomie, Säale



Luftbild von Ost nach West

Dieses Schloß ist eine von 32 ehemaligen Residenzen (Sitz eines Landesherren) in Thüringen. Manche Residenz bestand nur ein paar Jahre, Schwarzburg-Sondershausen aber ununterbrochen seit 1356. In einer Stadt mit einem besonders fruchtbarem Fürstenpaar gab es später sogar mal 4 Residenzen gleichzeitig (Greiz-Reuß).

Nun war das Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen zu klein, als dass sich die Fürsten alle paar Jahre ein neues Schloß zu bauen leisten konnten. Man mußte sich mit Anbauten, Modernisierungen, Umbauten begnügen. So finden sich in dem Schloß um einen mittelalterlichen Burgtum herum ein Stilmix mit Elementen aus verschiedenen Jahrhunderten. Große Pracht und viel Pomp ist nicht so finden, es ist alles viel kleiner als bei Königs. Es wirkt wie ein "Puppen-Königsschloß" aus einem "Puppen-Königreich", wo man auch alles mal so schön haben wollte wie bei den Großen. Das macht das größte Schloßassemble von Nord-Thüringen auch auch so interessant.

Auf diesem Luftbild in Ost-West-Richtung sieht man den mittelalterlichen Burgturm und den (verputzten) Fachwerk-Renaissance-Südflügel ganz gut im Vordergrund. Unterhalb der Burg-, bzw. Schloßmauer befand sich die Schloßwache in dem klassizistischen Tempelchen (heute Tourist-Info).



Luftbild in West-Ost Richtung

Auf diesem Luftbild in West-Ost-Richtung sieht man den barocken Anbau ("Westflügel") mit dem neuen Dach ganz gut im Vordergrund.



Über die Altstadt

Hier ein Luftbild über die Altstadt und den Schloßberg zu den Hügeln der "Windleite" hin (Vordergrund) und ganz im Hintergrund zum Harz.

Von der Altstadt ist nur wenig übrig geblieben. In den letzten Kriegstagen schmissen die Amerikaner Brandbomben und das Fachwerk brannt vollständig ab. Vom Schloss wurde nur die Orangerie ("Orangenhaus") zerstört. Einige Stein-Häuser am Rand im wilhelminischen Stil blieben auch stehen.

An Stelle der Altstadt ist jetzt eine typische DDR- Plattenbausiedlung um die Ruine einer Kirche gebaut worden. Das wirkt so kurios wie die Plattenbauen um den Magdeburger Dom. Wir fahren durch dieses Kurosium aus der Stadt.



Das Schloss blieb von der üblichen Plünderung und Brandschatzung der ostdeutschen Schlösser durch die Russen verschont. Die Amerikaner waren vermutlich kurz vor den Russen hier. Die letzte Fürstin war im Hitler-Widerstand (Kreisauer Kreis um den Grafen Moltke) und die Russen ließen sie deshalb bis zu ihrem Tod 1952 in einem Teil des Schlosses mit Dienerschaft wohnen. Danach ging das Schloß, wie vorher alle Besitzungen, in Staatseigentum, bzw. Kreiseigentum über. Die Wiedervereinigung kam gerade noch rechtzeitig um einen völligen Verfall des Gemäuers zu stoppen. Erben gibt es nicht. Die Enteignungen unter den Russen wurden nicht rückgängig gemacht. Der Verkäufe zu Sonderkonditionen an die Erben ist bei einem Gemäuer, das sich vermutlich nie wirtschaftlich nutzen läßt, für niemanden ein Geschäft. Seit 1990 wird restauriert. Die DDR trieb Raubbau an den Kalivorkommen unter der Stadt, alles sackte ab und bekam überall Risse.

Im Jahr 2004 ist man nun soweit fertig, dass ab 15. Mai 2004 die Thüringer Landesausstellung hier gezeigt werden kann. Thema sind die Thüringer Residenzen und die Geschichte der Fürstentümer. Eine kleine Umerziehung. Früher waren die Schlösser gerne "Feudalismus-Museen". Bevor man die schönen Prunkräumen sehen konnte mußte man durch eine Ausstellung in denen gezeigt wurde, wie die armen Leute unter der Willkür der Landesherren litten. Heute ist man wieder kräftig dabei, "die gute alte Zeit" zu verklären, als ob wir alle Prinzen gewesen wären. Napoleon meinte mal: "Geschichte ist die Summe der Lügen, auf die man sich nach 50 Jahren verständigt hat". Und alle 50 Jahre gibts neue Versionen.

Man hat sich sehr angestrengt mit dem Bau. Die Restaurierung ist trotzdem eigentlich nicht fertig, aber mit so großen Gebäuden wird man nie ganz fertig. Man kann aber schon recht viel sehen, deshalb unser Besuch auf der Baustelle. Ich möchte uns für eine Führung durch das Schloss anmelden. Abgezählt wird vor der Abfahrt und dann angerufen.



Bilder vom Schloss


Wir parken zwischen Schloß und dem klassizistischen Marstallgebäude mit dem barocken Achteckhaus.

Beides dient nun einer Musikschule. Sondershausen nennt sich auch "Musikstadt", da es ein eigenes Ochester (Loh-Orchster) hat und die Fürsten als Musikmäzene eine Tradition begründeten. Das Konzerthaus, das bis 1946 hier auf dem Platz stand, wurde leider 1946 durch Brandstiftung zerstört. Das Theater im Park unten steht noch und wird abwechselnd von Nordhausen aus mit bespielt. Der Kulturetat des Kreises ist durch ein Theater in Nordhausen und ein Orchester in Sondershausen recht strapaziert. Es sieht nicht gut aus mit der Zukunft der "Musikstadt" Sondershausen. Im roten Marstallgebäude (ehemaliger Pferde-Wagenpark) ist nun ein Parkettboden und es finden Ausstellungen statt.




Das Innere des 1709/10 als Karussell errichteten Achteckhauses. Einfach toll restauriert. Das ganze Haus ist eigentlich eine 8-eckige Halle mit Säulen und Balkonen. Früher drehte sich in der Mitte ein Karussell. Die Damen konnten sich dann auf die Holzpferdchen drapieren und den Herren auf den Balkonen einen Blick in Dekolleté gönnen. Auf diesen Pferdchen stanken die Klamotten später auch nicht nach Pferd.

Die Pferde waren im Keller und drehten das Karusell. Das Haus konnte aber auch für Bälle, Musik, Feste, etc genutzt werden.




Auf dem Weg vom Achteckhaus zum eigentlichen Schloß sehen wir als erstes den Barock-Teil (Westflügel), in dem sich vermutlich im Frühjahr 2004 der Eingang befinden wird. Auch das Schloßrestaurant ist da.




Über den Innenhof kommen wir zum Eingang im Westflügel. Der Innenhof macht immer noch einen etwas rümpeligen Eindruck. Hier der Blick auf den ältesten Teil des Schloßkomplexes.




Ich vermute mal, dass sich 2004 der Eingang zum Schlossmuseum hier in der Halle des Barockteils befinden wird. Hier geht es auch in das Schlossrestaurant, das zu "hannoverschen" Normal- Preisen (Herbst 2003) einen 1. klassigen Service bietet. Wir sind da als auch als Motorradfahrergruppe willkommen und können auf Stilmöbeln etwas Essen oder Kaffee trinken. Die Preise sind für dieses Ambiente und dem Service wirklich sehr günstig. In der Halle waren einmal Bilder von dem Bauzustand vor der Renovierung mit den durch Bergsenkungen (Kaligrube) entstanden Rissen etc. zu sehen.




Der Blaue Saal mit dem weißen Flügel im Barockteil.




In den Fluren und Zimmern des Barockteil sind alte Bilder aus Sondershausen und auch mal Bilder von zeitgenössischen Künstern aus der Gegend zu sehen. Das ist alles recht sinnig gemacht. Man merkt irgendwie schon, dass aus der "Residenzstadtzeit" schon noch Geschmack und auch Witz geblieben sind.

In dem Teil befindet sich auch ein Naturkundekabinett mit allerlei Präparaten und Gerätschaften. Hat was von einer Gelehrtenstube oder dem Hinterzimmer eines Biologielehrraums.

Schön und witzig ist ein Zimmer, dessen Wände aus auf Holz geklebten und anscheined eingefärbten Kalksteinscheiben aus der Gegend besteht.




Im Parterre des älteren Teil des Schlosses ist in einem eigenen Raum die "Goldene Kutsche" aus Paris ausgestellt mit 6 Stoff-Schimmeln in vollem Geschirr. Nach dem Tod eines Erstgeborenen Fürsten wurde sein jüngerer Bruder Fürst. Und wie es bei verwöhnten Nesthäckchen öfter der Fall ist, ging es nun rund in Sondershausen. Preise spielten keine Rolle mehr und alles was Spaß machte wurde importiert. Zwei Generationen später trug man immer noch seine Schulden ab. Aus der Zeit stammt die Kutsche, die für Staatsangelegenheiten noch lange genutzt wurde (Hochzeiten etc.).




In dem Bauteil mit dem Kutschenzimmer ist auch ein kleines Theater (Liebhabertheater).




Daneben ist die Hofkapelle.




Die Kapelle ist nicht sehr groß, die hohen Basspfeifen der Orgel mußten schon mal geknickt werden.




Die ganze Anlage ist recht verwinkelt und immer wieder führen merkwürdige Gänge und Treppen in Teile, die dieser oder jener Fürst mal eingerichtet hat. Die Umbauten sind manchmal als solche sichtbar gemacht worden indem man sie entfernte, um z.B. Originalbemalungen aus der 16. Jahrhundert freizulegen. Da das Schloss immer bewohnt war, wurde natürlich z.B. der mittelalterliche Wohnturm immer wieder mal "modernisiert" und mit mehr Komfort ausgestattet. Wer wollte z.B. im 17. Jahrhundert noch in einen zugigen Turm aus dem Mittelalter hausen?




Im Renaissance-Teil "Südflügel" ist der schönste Saal, der Riesensaal. Für das 17. Jahrhundert war dieser Saal und die Figuren an der Wand wirklich riesig. Vielleicht sieht man was von dem Mauerwerk, das teilweise als Fachwerk ausgeführt wurde. Da ein Umbau machmal billiger als ein Neubau war, blieben zwar die alten Bauteile erhalten, aber durch Aufstockungen wurde die Statik des alten Gemäuers oft auch überfordert.



Auf dem Rückweg fahren wir über den Kyffhäuser, der beliebtesten Passstraße weit und breit. Siehe:

Kyffhäuser-Pass
Kyffhäuser-Rothenburg
Burg und Denkmal Kyffhäuser

Ende 1. Tag